3 externe Mikrofone (USB-C) im Vergleich: Röde, Zoom und Shure

sound67

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Stammgast
1.091
Hi,

da ich für meine gewerbliche Homepage regelmäßig Videoaufnahmen benötige (Musikinstrumente akustisch, inhäusig), habe ich mir drei verschiedene USB-C Kleinmembran-Mikrofone zum Anschluss an meine Smartphones (derzeit Xiaomi Mi 11T und OnePlus Nord 2) bestellt:

1x Röde VideoMic Me-C - Mono (Niere), €79,-
rode mic.jpg
1x Zoom Am7 - Stereo (Mitte-Seite, Kugel), €85,-
zoom mic.jpg
1x Shure MV88+ Kit - Stereo (Mitte-Seite, Kugel), € 191,-
shure 2.jpg

Der höhere Preis des Shure relativiert sich etwas, da es sich hier um ein komplettes Kit handelt, inkl. Mini-Stativ, Windschutz, Klemmschuh, Handy-Halterung, Mikro-USB zu USB-C Kabel, Micro-USB zu Lightning Kabel und einer praktischen Transporttasche für alles.

Das Röde-Paket enthält nur einen Windschutz ("tote Katze") und einen Klemmschuh, das Zoom Am7 sogar nur den Windschutz.

Alle drei funktionieren Plug & Play an Android, sofern man die jeweils eigene, kostenlose Software aus dem Play Store installiert. Für das Röde gibt es nur eine Audio-App, für Zoom (Mobile Handy Share) und Shure (Shure MOTIV Audio/Video) jeweils getrennte Audio- und Video-Apps. Wie vorauszusehen kann man keines der Mikros mit der Stock-App der Handys nutzen. Es gibt aber noch mehrere "Third Party" Apps, die Aufnahmen über externes Mikro ermöglichen, darunter die kostenpflichtige "Cinema FV-5".

Verarbeitung

Sowohl das Röde als auch das Shure sind TOP verarbeitet, mit sauber gefrästem, solidem Alukorpus. Das Zoom Am7 fällt hier etwas ab: Anders als die beiden anderen bietet es einen Gain-Drehregler am Gehäuse, der sich leicht verstellt. Auch sitzt das Zoom nicht so fest im USB-C Anschluss wie die beiden anderen, wachelt leicht hin- und her. Kontakt hat es trotzdem. Bei allen dreien empfiehlt sich die Benutzung mit "nacktem" Handy, mit einem Bumpercase sollte es aber auch klappen. Insgesamt wirkt das Zoom etwas "fimschig". Röde und Zoom werden direkt auf den USB-C Anschluss gesteckt, das Shure wird über Kabel angeschlossen.

Funktionalität

Durch seinen Mono-Aufbau empfiehlt sich das Röde vor allem als Podcast/Interview-Mikrofon. Einstellungsmöglichkeiten gibt es keine. Die beiden Stereo-Mics bieten die Möglichkeit, den Stereowinkel zu verstellen (beim Zoom direkt am Gehäuse zwischen 90 und 120 Grad, beim Shure mittels der Software zwischen 60 und 135 Grad, stufenlos). Die richtige Einstellung hängt vom Einsatzzweck ab (z.B. direkte Schallquelle vor dem Mikro oder "breitere" Bühne für Bands etc oder Einfangen des Raumhalls). Das Zoom Am7 besitzt 3 kleine LEDs am Gehäuse zur Aufnahmekontrolle, die jedoch recht träge reagieren und für eine exakte Aussteuerung weniger geeignet sind.

Kompatibilität

Röde und Zoom sind nur mit Android nutzbar, das Shure kann aufgrund der mitgelieferten Kabel mit Android, iOs, Windows und MacOS benutzt werden. Die Listen der kompatiblen Smartphones auf den Homepages von Zoom und Shure sollte man nicht allzu ernst nehmen, sie sind teilweise veraltet und unvollständig. Solange das Android-Handy OTG-fähig ist und mindestens 100mA Strom am USB-C Port liefert wird es funktionieren.

Anschlüsse

Alle drei Mikros erlauben ein Monitoring während der Aufnahme und besitzen dafür eine 3,5mm Klinkenbuchse am Mikro. Kopfhörer werden nicht mitgeliefert.

Software

Röde bietet nur eine Audio-App an, die sich passenderweise "Reporter" nennt. Damit ist auch der Haupteinsatzzweck des Geräts umschrieben.

Die Video-Apps der beiden anderen Mikros kommen mit grundsätzlichen Einstellungen für Video- und Audioformate daher. Beide lassen einem die Wahl zwischen drei Videoauflösungen (720p, 1080p, 4K), drei komprimierten Audio-Bandbreiten: 96, 128 und 256kbps und zwei Sampling-Raten (44,1 und 48 kHz). Das Audioformat ist zwingend ein AAC Codec. Das Shure kann auch verlustfrei im ALAC Format aufnehmen, aber nur unter iOs. Videofans sollten vielleicht auf Apps ausweichen, die auch elektronische Bildstabilisierung unterstützen - bei mir steht aber der Ton absolut im Mittelpunkt. 256kbps finde ich in dem Punkte völlig ausreichend.

Die meisten Einstellungsmöglichkeiten zur Optimierung der Aufnahme liefert die Shure-App: stufenlos verstellbarer Aufnahmewinkel; Mono-Modus; Presets für Sprache, Instrumentenaufnahme, Gesang und Band; Mikrofonverstärkung in 1dB Schritten, Limiter, Kompression, Hochpassfilter und einen Equalizer. Man ist also bestens für eine Feinjustierung gerüstet. Man kann die jeweiligen persönlichen Profile auch im Handy speichern. Bei Erscheinen des Mikros 2019 befand sich die Video-App noch in der Betaphase und hatte Probleme - diese sind inzwischen ausgemerzt. Ein Firmware-Update für das Mikro selbst wurde sofort nach dem ersten Anschließen ans Handy über die Video-App angezeigt und binnen einer Minute installiert.

Videos werden im mp4 Format gespeichert, wobei man die Datenbreite für Video nicht einstellen kann. Diese fällt bei der Shure-App deutlich höher aus, entsprechend benötigen die Videos erheblich mehr Speicherplatz.

Klang

Das ist natürlich der entscheidende Punkt - und wie nicht anders zu erwarten fällt das Röde deutlich gegenüber den beiden anderen App. Nicht nur, weil es ein Mono-Mikrofon ist: Der Klang ist voll und rund, eine deutliche Verbesserung gegenüber den internen Mikros meiner beiden Handys, aber auch bei Aufnahme eines Solinstruments (mein Einsatzzweck) klingt es nicht ausgewogen, Bässe fehlen. Es ist eben ein Podcast-Mikro.

Das Zoom Am7 hingegen liefert bei korrekter Ausrichtung der Kapseln (anders als bei den anderen kann man die Kapseln in der Achse verstellen, allerdings nur im Ganzen) einen ausgewogenen, gut auflösenden Klang mit genügend Bass, tendiert eher zur Wärme. Es ist absolut tauglich für Aufnahmen von Musik (zB Live) für die meisten Einsatzzwecke. An CD Aufnahmen kann man natürlich bei einem €85 Gerät, das nur komprimiert aufnimmt, nicht denken.














IMHO gewinnt das Shure MV88+ diesen Vergleich: Ich habe als Test u.a. High End Vocals aus Youtube über meine Desktop-Monitorlautsprecher (Kali LP-6) abgespielt - hier erreicht das Shure im reinen Abhörtest annähernd die Qualität der Quelle, auch was die Natürlichkeit und Originaltreue im Klangbild angeht. Sehr beeindruckend. Auch bei einzelner Instrumentenaufnahme (Violine) kann es das schon recht gute Zoom-Mikro in punkto Klarheit distanzieren, wobei Aufnahmen über das Zoom-Mikro wärmer klingen.














Oft liest man in diversen (Amazon-)Rezis davon, dass der Aufnahmepegel insgesamt über USB-C zu leise sei. Ich kann das nicht bestätigen, für KEINES der drei Mikros.

Fazit

Das Shure MV88+ rechtfertigt seinen höheren Kaufpreis nicht nur durch die komplette Ausstattung, sondern auch den überlegenen Klang bei Musikaufnahmen, die ein für die Preisklasse hervorragendes Niveau erreichen. Es ist aber doppelt so schwer wie die beiden anderen und nicht direkt auf dem Handy montierbar. Als einziges unterstützt es dafür auch iOS Geräte mit Lightning-Anschluss. Das Shure ist im Grunde eine eierlegende Wollmilchsau. Auch die hauseigene App ist die beste.

Wer nur ein Stereo-Mic mit ordentlicher Aufnahmequalität für private Zwecke benötigt, der ist mir dem Zoom Am7 aber auch gut bedient, wobei die schlechtere Verarbeitung gerade bei Außenaufnahmen zum Problem werden könnte. Es bietet als einziges Gerät hardwareseitige Einstellungsmöglichkeiten für Mikroverstärkung, Aufnahmewinkel und Pegelkontrolle, die aber naturgemäß sehr klein und klapprig ausfallen.

Das robuste Röde VideoMic Me-C ist für Podcasts und andere Sprachaufnahmen durchaus ein Upgrade zu den Handy-eigenen Mikrofonen, für Musik, auch bei Soloinstrumenten, ist es hingegen kaum brauchbar. Es kostet jedoch nicht weniger als das wesentlich flexibler einsetzbare Zoom, ist dafür aber besser verarbeitet und im Außeneinsatz robuster.

Alle drei reagieren übrigens sehr empfindlich auf Berührungen des Handys während der Aufnahme und quittieren jedwede, auch noch so kleine Verlagerung der Finger mit einem deutlichen "Plopp" bzw Knacken!

Insgesamt bietet das Shure in preisklassenbezogen fast perfektes Aufnahmeergebnis und eine Komplettausstattung für diverse Einsatzzwecke. Wer die €200 locker machen kann sollte dieses Mikro wählen.
 
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