Generell gilt:
Der Zeitraum, in dem ein Akku bei voller Ladung verbleibt sollte so kurz wie nur eben möglich gehalten werden.
Andauernde hohe Spannung verursacht Korrosion, insbesondere bei erhöhten Temperaturen.
Als Nominalkapazität eines Akkus bezeichnet man in der Regel die Gesamtladekapazität, die ein Akku maximal im Stande ist aufzunehmen, während die Nennleistung – die richtigerweise als Nennkapazität bezeichnet sein sollte – der maximale Ladezustand ist, in welchem der Akku tatsächlich betrieben wird. Bis vor einigen Jahren waren diese beiden Begriffe gleichbedeutend und daher austauschbar, während sich dies inzwischen jedoch geändert hat. Hersteller gehen, um die Akkus zu schonen, und die durch eine häufige vollstände Aufladung hervorgerufene Beschleunigung des Verschleißes zu verlangsamen, dazu über die Akkus nicht mehr auf Basis der Nominalkapazität zu betreiben.
Nun stellt es sich beim Google Pixel 4 XL so dar, dass der Akku eine Nominalleistung von 3770 mAh hat, aber nur bei einer Nennleistung von 3700 mAh betrieben wird. Gleiches galt im Vorher beispielsweise bereits für das HTC U12+, welches ich ebenfalls noch besitze. Dort hat der Akku eine Nominalkapazität von 3500 mAh, wird aber lediglich auf einer Nennleistung von max. 3420 mAh betrieben. Genau dies ist auch der Grund, warum viele moderne Smartphones bis zu 5% – und in seltenen Fällen sogar bis zu 10% (kommt immer darauf an, wie weit Nennleistung und Gesamtkapazität auseinander liegen) – ihrer Ladung innerhalb weniger Minuten zu „verlieren“ scheinen, nachdem man sie vom Ladegerät ab gestöpselt hat. Der Akku war zuvor nämlich nur zu 100% in Bezug auf dessen Nennleistung geladen, nicht aber seine Gesamtkapazität.
Das Akkumanagement sorgt also dafür, dass der Akku bis auf die Nennleistung geladen wird, die im Falle des Pixel 4 XL 3700 mAh beträgt – und hält es anschließend auf eben diesem Stand. Es schaltet daher, ab Erreichen der Nennleitung, auf die direkte Netzstromversorgung mit Hilfe des Netzadapters um, um alle Prozesse ohne Belastung des Akku weiter ausführen zu können, und gibt ab dann in der Statusleiste den Ladezustand als 100% an. Dass das Gerät über Nacht geladen wurde, hat darauf keinen Einfluss: Die Steckdose/der Pixel Stand wird lediglich dazu verwendet, den Ladestand zu halten, denn bis zum Abstecken, wird der Akku nun nicht mehr benötigt und verharrt für die restlichen Stunden der Nacht auf seinem Ladezustand.
Damit ist der - manchmal zu beobachtende - schnelle Abfall der Akkuanzeige nach dem Abstecken vollkommen logisch, denn ein 3770mAh Akku, der auf eine Nennleistung von 3700mAh geladen wird, entspricht der tatsächlichen, momentanen Restkapazität von ca. 98,14% des Akkus. Ihr werdet also mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen Abfall von 100% auf 98% bereits binnen der ersten 5 – 10 Minuten der Nutzung feststellen. Ab da an geht der Verbrauch entsprechend Eures Nutzungsverhaltens und der dabei verwendeten Apps, Displayhelligkeit usw. einher.
Immer wieder heißt es auch, dass das Smartphone nicht tiefer als 15-25% entladen werden sollte, denn die Elektroden würden bei niedrigen Spannungen stärker belastet. Das stimmt tatsächlich: Eine zu niedrige Spannung tut dem Akku nicht gut. Das liegt an der Zellchemie, die im niedrigen Ladebereich einen höheren Innenwiderstand besitzt und dadurch mehr „arbeiten“ muss. Deswegen heißt es grundsätzlich: Ab 15-20% besser wieder an die Steckdose.
Etwas technischer ausgedrückt bedeutet dies:
Die positiven Platten im Akku liegen im Allgemeinen als Metalloxid vor, welches in ein Gitter aus gleichem Metall eingebracht ist, und sich im Laufe der Entladung in Sulfid wandelt. Beim Laden wird das Sulfid entsprechend wieder zu Oxid. Nach einer Zeit nimmt allerdings unweigerlich auch das Gitter an den elektrochemischen Reaktionen in der Zelle teil, wodurch es sich ebenfalls in Oxid wandelt. Zunächst ist diese sogenannte Gitterkorrosion sogar von Vorteil, weil sich dadurch die Menge der Aktivmasse erhöht und die Zellenkapazität sogar ansteigt. Es sind jedoch auch einige Nachteile damit verbunden. Als erstes werden die Legierungszusätze frei, mit denen das Gitter - aus Gründen der mechanischen Stabilität und aus verschiedenen elektrochemischen Gründen - legiert wurde, und wandert im Laufe der Lade- und Entladevorgänge zur negativen Elektrode, wo es sich abscheidet und zu unangenehmen Effekten führt. Einige frei werdende Metalle treiben dann ihr Unwesen, indem sie die Selbstentladung der Zelle erhöhen. Diese Prozesse verlaufen zunächst recht linear mit dem Alter des Akkus. Hohe Temperaturen und Ladespannungen beschleunigen diesen Vorgang aber, und diese Temperaturen treten zum Einen bei fast vollständiger Ladung auf, und wiederum zum Anderen auch bei stark entladenem Akku, bzw. dem darauf folgenden Ladevorgang von 0 auf 10-15% der Akkukapazität. Btw. ein Problem das bei Wireless Laden die gesamte Zeit des Ladevorgangs besteht.
Trotzdem ist auch folgendes der Fall: Die Lebensdauer eines Akkumulators ist so gut, dass gelegentliches Entladen bis auf 0% kein Problem darstellt. Außerdem besitzt jeder moderne Akku eine eingebaute Elektronik, die die Lithium-Ionen-Zellen vor einer zu extremen Entladung schützt. Sollten die Batterien nämlich unter eine gewisse Spannung sinken, werden sie unbrauchbar. Das ist im Normalfall ab 3 Volt der Fall. Deswegen deckeln die intelligenten Schaltungen meist bei 3,3 bis 3,5 Volt ab und schalten das Smartphone im Extremfall komplett aus.
Diese Elektronik hilft übrigens auch in anderen Situationen. Sollte es zu einem Kurzschluss kommen, aktiviert sich eine interne Sicherung und schützt den Akku vor einer unausweichlichen Explosion. Lithium-Ionen-Zellen können in solchen Situationen sehr schnell zum gefährlichen Gegenstand werden, wie das Samsung Galaxy Note 7-Debakel zeigte. Auch bei Überhitzung, zu niedrigen Temperaturen oder Überladung durch defekte USB-Ladegeräte mischt sich die intelligente Schaltung ein und klemmt den Akku ab.